Hilfe, ich habe keine Vision! – Wirklich?

von Heike Staiger

  • Paulus auf dem Weg nach Damaskus (Apg. 9)
  • Paulus hatte eine Vision von einem mazedonischen Mann (Apg. 16)
  • Abram empfing das Wort des Herrn in einer Vision (1. Mose 15)
  • Joseph hatte Träume (1. Mose 37)
  • Jesaja wurde beauftragt (Jesaja 6)


Vielleicht fragst Du Dich: „Was ist mit mir? Ich hatte noch nie solch eine Vision, noch nie eine übernatürliche Vision von Gott für mein Leben. Kann mich der Herr nicht gebrauchen? Möchte Er mich nicht gebrauchen?“
Ja, Er kann Dich gebrauchen und ja, Er möchte Dich für Sein Reich gebrauchen!

Vielleicht hattest Du noch nie eine solche übernatürliche Erscheinung oder Begegnung mit Gott, aber eine Vision erhält man nicht nur durch eine solche übernatürliche Erfahrung.

Hast Du schon einmal daran gedacht, dass eine Vision auch einfach nur eine Vorstellung oder ein Traum sein kann, der in Deinem Herzen lebt und Dich motiviert? Hast Du daran gedacht, dass es eine Leidenschaft und Liebe in Deinem Herzen sein kann, die Dich dazu bringt, bestimmte Dinge zu machen?

Lasst uns eine Frau im Alten Testament anschauen, die solch eine Vision in ihrem Herzen hatte, etwas, dass sie dazu gebracht hat, einen bestimmten Weg einzuschlagen.

Wir reden von Rut, einer moabitischen Frau, einer Heidin. Sie heiratete einen Fremden, der wegen einer Hungersnot im Land nach Moab kam. Es ist anzunehmen, dass er nicht ihrer Lebensweise und ihrer Art der Anbetung folgte, aber was sie in ihm und seiner Familie sah, veränderte ihr Leben für immer. Wir wissen, dass ihr Mann verstarb und eine kleine Familie zurückblieb, ihre verwitwete Schwägerin und ihre Schwiegermutter.

Als die Hungersnot vorüber war und ihre Schwiegermutter ins Land Juda zurückkehren wollte, bestand Rut darauf, mit ihr zu kommen. Sie war bereit, alles hinter sich zu lassen, was zu ihrer Herkunft gehörte: ihre Familie (vielleicht lebten ihre Eltern noch, oder sie hatte Geschwister) und ihre Erziehung (die Lebensweise, Art der Anbetung, Dinge, die ihr von Kindheit an gelehrt wurden).


Sie erklärte:

„… Denn wohin du gehst, ⟨dahin⟩ will
⟨auch⟩ ich gehen, und wo du bleibst,
da bleibe ⟨auch⟩ ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“
Rut 1,16 ELB

Was für eine Aussage und gleichzeitig Erklärung für ihre Reaktion. In ihren Worten können wir erkennen, warum sie bereit war, alles hinter sich zu lassen. „Dein Gott ist mein Gott!“. Das war die treibende Kraft in ihrem Leben!

Hatte Rut eine Vision wie Paulus? Ich denke nicht, aber sie sah das Leben ihres Mannes und das Leben von Noomi.

Die Bibel erzählt uns nicht, wie ihr Mann gelebt hat, ob er ein Beter oder ein Anbeter war und ob er die Gesetze Gottes befolgt hat, während er in Moab war. Sie gibt uns auch keine Einzelheiten über Noomis Leben dort, aber wir sehen, dass Ruts Leben sehr tief durch ihren Mann und ihre Schwiegermutter beeinflusst wurde.

Übrigens bedeutet Noomi „freundlich“ oder „freudvoll“1.
Als sie jedoch nach Bethlehem zurückkehrte, bat sie darum, Mara genannt zu werden, was für Bitterkeit steht (Rut 1,20).
Obwohl Noomi sich als bitter fühlte und sicherlich nicht so glücklich und freundlich war wie früher, konnte Rut in ihr ein völlig anderes Leben sehen
im Vergleich zu ihrem Volk in Moab.
Was für eine wunderbare Frau muss Noomi gewesen sein,
als sie in Bethlehem war und auch in Moab,
als ihr Ehemann und ihre beiden Söhne noch am Leben waren!

Rut konnte sehen, wie ein Leben mit dem lebendigen Gott aussah. Es war so anders als das Leben und die Anbetung, die sie aus ihrer Heimat Moab kannte.

Irgendwann muss sich Rut entschieden haben, dass sie solch ein Leben führen wollte, dass sie bei ihrer Schwiegermutter bleiben, bei Gottes Volk leben und diesem Gott folgen wollte. Es war so wichtig für sie, dass sie bereit war, alles hinter sich zu lassen, um mit Noomi zu gehen, obwohl es ihr, als moabitischer Frau nicht einmal gestattet werden würde, in eine Versammlung Gottes zu kommen (5. Mose 23). Trotzdem erklärte sie: „Dein Gott ist mein Gott!“.

Vielleicht denkst Du, dass dies keine Vision ist, doch ich würde es als Vision betrachten. Rut hatte vielleicht keine übernatürliche Erfahrung mit Gott oder empfing keine besondere Berufung von Gott, aber sie folgte dem, was in ihrem Herzen war. Sie war bereit, dem Einen zu dienen, von dem sie wusste, dass Er der lebendige Gott war, und sie war ihrer Schwiegermutter gegenüber mehr als loyal und hingegeben. Dies wurde die treibende Kraft in ihrem Leben und war die Vision, der sie folgen wollte, auch für den Preis, alles andere hinter sich zu lassen.

Wir kennen das Ende der Geschichte, wie Gott Rut gebrauchte, denn durch ihre Blutlinie wurde Jesus geboren. Gott gebrauchte sie auf wunderbare Weise, als sie Ihm folgte, als sie der Vision und Leidenschaft folgte, die in ihrem Herzen war.

Ein weiteres Beispiel für einen Mann in der heutigen Zeit, der, soweit mir bekannt ist keine übernatürliche Vision hatte.

Als ich jung im Glauben war, hörte ich die Geschichte von Pastor Bill Wilson und ich habe sie nie vergessen. Er wurde als Kind von seiner Mutter auf der Straße zurückgelassen. Ein gläubiger Mann half ihm. Pastor Bill wurde wiedergeboren und half später sehr vielen Kindern, die in ähnlich schwierigen Situationen waren, wie er, dem Herrn zu begegnen. Er weiß, dass nur Gottes Liebe heilen und wiederherstellen kann und dass Gott einen besonderen Plan für jeden hat, unabhängig davon, wie die Umstände aussehen mögen.2

Soweit ich mich erinnere, hatte Pastor Bill nie eine Vision im Sinne einer übernatürlichen Erfahrung mit Gott oder keinen besonderen Ruf vom Herrn empfangen. Aber er bewegt sich mit dem, was in seinem Herzen ist: Liebe und Leidenschaft für Kinder, die in ähnlich schwierigen Situationen sind, wie er auch war. Er folgt dem, was in seinem Herzen ist und wenn wir schauen, was die Folgen sind, sehen wir abertausende Kinder, die weltweit erreicht wurden. Er folgte seinem Herzen und dem, was der Herr dort hineinlegte, und der Herr gebrauchte ihn in starker Weise, um Kinder in verschiedenen Nationen zu erreichen.

Was ist mit Dir? Du hattest vielleicht keine übernatürliche Erfahrung mit dem Herrn, bei der Du eine Vision von Ihm empfingst. Aber was hat der Herr in Dein Herz gelegt? In welchen Bereichen, und für was hast Du eine Leidenschaft?

Hast Du ein Herz, eine Liebe für eine bestimmte Nation oder ein Herz für bestimmte Leute? Schlägt Dein Herz dafür, älteren Menschen zu dienen? Liebst Du es, Kinder zu unterrichten oder hilflosen Menschen zu helfen? Hast Du sehr schwierige Dinge erlebt und möchtest anderen helfen, so etwas zu bewältigen? Bist Du eine Mutter und möchtest mehr als alles andere, dass Deine Kinder in den Wegen Gottes aufwachsen und Ihm nachfolgen?

Bitte denke nicht, dass Du keine Vision hast. Der Herr hat eine spezifische Last in Dein Herz gelegt. Er hat Dir eine Leidenschaft gegeben. Lass Dich ermutigen, den Herrn im Gebet zu suchen, wie Er diese Leidenschaft und Liebe, die Er in dein Herz gelegt hat, nutzen möchte. Lass Dich ermutigen, mit Deiner Leiterschaft zu sprechen, um Bestätigung zu bekommen und Schritte in diesen Bereichen nach vorne zu machen, damit der Herr Dich gebrauchen kann, Sein Reich voranzubringen.

Quellen:

Elberfelder Bibel (ELB)

1 https://bibledictionarytoday.com/biblical-names/naomi/ (übersetzt aus dem Englischen)
2 https://www.metroworldchild.de/founder